Auf dem Friedhof der Kirche von Burgwerben finden sich viele Gedenkstätten, etwa für die Schlacht bei Roßbach, die deutsche Wiedervereinigung, den Titel als schönstes Dorf oder den Ersten Weltkrieg. Doch auch einer Person wird gedacht: dem Schriftsteller und Philosophen Carl Heinrich Heydenreich (1764-1801). Der markante Stein erinnert mit folgender Inschrift an dessen Tod im Ort:
Carl Heinr. Heydenreich
Professor der Philosophie
starb
am XXVI. April MDCCCI
XXXVIII Jahr alt
Das Denkmal besteht aus einem Sockel und einer Amphore. Auch diese trägt eine Umschrift:
Der grosse Geist entfloh der Macht der Sinne
Eine dritte Inschrift befindet sich an der abgekehrten Seite des Sockels:
Goettliches hat er uns oft
in Lied und Lehre verkuendet
frueh rief der Genius ihn
was er uns lehrte zu schaun
Der aus Stolpen (Sachsen) stammende Heydenreich hatte bereits 1785 die Universität in Leipzig abgeschlossen und vier Jahre später die Professur dort angetreten, bei der er in den verschiedensten Bereichen (Theologie, Politik, Ethik, Ästhetik, Logik, Recht, Psychologie) lehrte. Nach verschiedenen Skandalen musste er 1797 ins Gefängnis und seine Lehrstelle aufgeben. Also ging er nach Burgwerben und verbrachte hier die letzten Jahre seines kurzen Lebens von den Pfarrleuten umsorgt. Diesen ist sicherlich die letztgenannte Inschrift zuzuschreiben, doch kann sie auch auf seine Tätigkeit als Lehrer, zum Beispiel für
Louise von François, bezogen werden.
Das literarische Schaffen Heydenreichs war auf Gedichte beschränkt, daneben übersetzte er aber zahlreiche Werke aus dem Französischen und Italienischen. Heute weitgehend vergessen war der von Immanuel Kant stark geprägte Philosoph in seiner Zeit umstritten und bekannt. Mehrere Bücher wurden posthum veröffentlicht. Eines dieser Nachlasswerke trägt den provokanten Titel K. H. Heydenreichs philosophische Gedanken über den Selbstmord : freymüthig geprüft von einem seiner Freunde. Bereits ein Jahr nach seinem Tod erschien eine 500seitige Biographie und noch im Jahr 1830 wurde eine Anthologie seiner Gedichte in Hildburghausen veröffentlicht. Viele seiner Werke besitzen dem Titel nach zeitgeschichtlichen Wert, etwa das Fragment über die Neutralität der Völker in dem Kriege eines Volkes gegen ein anderes, welches seine Staatsform gänzlich umwandelt (1794) oder die Briefe über den Atheismus (Leipzig 1796).
Große Bedeutung für Weißenfels hat er durch sein anlässlich der Jahrhundertwende erschienenes Werk Opfer der weltbürgerlichen Gesinnung und des Patriotismus bey dem Eintritte des neunzehnten Jahrhunderts nach Christus Geburth, der Gottheit, der Menschheit, dem Vaterlande und seinem vielgeliebten Fürsten gewidmet von den Bewohnern der Stadt Weißenfels [usw.], denn es enthält nicht nur eine 60seitige Beschreibung der Feierlichkeiten in Weißenfels zum Jahreswechsel 1800/1801, sondern außerdem eine Beschreibung der Gustav-Adolf-Gedenkstätte samt ausführlicher Vorgeschichte (zusammen 24 Seiten) und einen Anhang, der mit Eine kurze Darstellung des dermahligen Zustandes der Stadt überschrieben ist. Wird in dem Hauptteil nun also vor allem die Feier samt ihrer Erscheinungen (Illumination zahlreicher Bauwerke, Bälle, Konzerte, Salven, Glockenläuten, Gottesdienste u. v. m.) und mit den beteiligten Personen sehr detailliert geschildert, enthält das Büchlein zudem die erwähnte Zustandsbeschreibung der Stadt, die Heydenreich C. W. Schröter überließ und die auf den ersten Blick etwas zu statistisch ausgefallen scheint. Sie enthält aber dennoch zahlreiche interessante Details. So schreibt Schröter: „Die Hauptnahrung der Stadt bestehet größtentheils in Künstlern, Handwerkern, Handel, Weinbau und etwas Oekonomie; als Nebengewerbe wird Wollenspinnerey getrieben.“, was er dann genauer ausführt, indem er zum Beispiel den Niedergang des Weinbaus und den Aufstieg des Brauwesens beschreibt oder aber erwähnt, dass die Fischer-Innung sich mittlerweile größtenteils auf den florierenden Holzhandel spezialisiert hat. Auch findet sich in dem 24seitigen Artikel eine Auflistung aller wichtigen Persönlichkeiten der Stadt, darunter so ziemlich alle Händler, wichtige Innungsmitglieder, Militärs und Beamte, Lehrer, Geistliche, Stadträte oder auch Anwälte. Das im Vorwort dieses Anhangs geäußerte Vorhaben, für künftige Generationen einen Ist-Zustand zu bewahren, ist damit durchaus geglückt, wenngleich eine genauere Beschreibung des Stadtbilds diese abgerundet hätte. Gekrönt wird dieser Anhang noch durch eine Auflistung aller Menschen, die durch eine Vorbestellung das Buch ermöglichten, eine siebenseitige alphabetische Liste mit Hunderten Namen samt Tätigkeit.