Nicht jedes Denkmal steht für immer an derselben Stelle. Das
Denkmal für den "Turnvater Jahn" hat seinen Standort schon mehrfach gewechselt. Zunächst stand es vor Holländermühle, ein durchaus stimmiger Standort, denn dort hatte der Turnverein "Germania" sein Domizil. Im Jahr 2007, genau einhundert Jahre nach der Errichtung des Denkmals wurde es zur Schwimmhalle in Weißenfels-West versetzt und bekam dabei einen neuen Sockel, wie man im Vergleich mit älteren Bildern erkennen kann. Das nahm ihm viel von seinem Charakter, vor allem geschah es aber ohne Information an den Stadtrat. Im Jahr 2010 beschloss dieser daher die Verlegung des Denkmals (zusammen mit dem für die
Kriegstoten des Vereins) an den jetzigen Standort am
Kloster. Dort wissen sicher die wenigsten Menschen, wer die Person auf der Reliefplatte sein soll, steht sie doch neben dem
Denkmal für Moritz Hill und trägt keinerlei Inschrift.
Jahndenkmäler sind keine Seltenheit in Deutschland, da er in vielen Städten lebte. Daher finden sich etwa in seinem Sterbeort Freyburg (Unstrut) mehrere Gedenkstätten und in
Halle eine größere
Gedenktafel. Aufgrund der Biographie Jahns sind die Denkmäler und Straßenbenennungen in einigen Städten (Graz, Berlin) umstritten, so dass es umso erstaunlicher erscheint, dass sich Weißenfels das Denkmal in die Innenstadt geholt hat. Das hat aber seine Berechtigung, denn ohne jeden Zweifel war Jahn einer der bedeutendsten Deutschen des 19. Jahrhunderts. Zwar hat er nie in Weißenfels gelebt, aber dafür hier des Öfteren seinen Freund Wilhelm Harnisch (1787-1864), Rektor des Weißenfelser Lehrerseminars, besucht. Da er mit diesem auch in der Mühle einkehrte, war dort der sinnvollste Aufstellungsort. Ein solcher Bezug existiert aber auch an dem neuen Aufstellungsort, denn hier wirkte Harnisch als Lehrkraft.
Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn (1778-1852) initiierte die deutsche Turnbewegung Anfang des 19. Jahrhunderts, da der Pädagoge, der nie einen höheren Abschluss erlangte, in dieser eine Chance für den Widerstand gegen die französischen Besatzer sah. Insbesondere im Bereich des Geräteturnens hat er Neuerungen geschaffen, die bis heute im Schulsport Bestand haben (z. B. das Turnen an Reck und Barren). Der ihm gelegentlich vorgeworfene völkische Nationalismus und Antisemitismus ist kaum zu belegen und grenzt an Unterstellung, da er aus späteren Zeiten stammt und sich zudem einige seiner Ideen lediglich gegen die französische Besatzung und ihre Begleiterscheinungen wandten. Als Reaktion auf diese entwarf er ein Gegenbild eines geeinten Deutschlands, denn er erkannte, dass die Kleinstaaterei zur Niederlage gegen Napoleon geführt hatte. Besonders vehement wehrte er sich dabei gegen das Überhandnehmen der französischen Sprache.
Nach der Befreiung Deutschlands sah sich Jahn in seinen Hoffnungen auf eine Reform enttäuscht. In der Restauration wurde er bald zum Gegner der aufkommenden Umstände, wofür er 1819 verhaftet und trotz Freispruchs festgehalten wurde. Den Rest seines Lebens war er Repressalien ausgesetzt, stand in Freyburg unter Polizeiaufsicht und wurde mit Ortsverboten belegt. Erst ab 1840 besserten sich seine Lebensbedingungen und seine Ideen fanden Eingang im Bildungswesen. 1848 wurde Jahn sogar in die Frankfurter Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt.